
Was macht eigentlich die Europäische Eibe im Herbst?
Beeren statt Zapfen
Im Herbst beginnt die Eibe, auf höchst ungewöhnliche Weise für den Fortbestand ihrer Art zu sorgen: Sie bettet ihre Samen in rote Fruchtmäntel, die zwischen den weichen, dunkelgrünen Nadeln prächtig leuchten.
Das rote Fruchtfleisch ist essbar und schmeckt herrlich süß. Alles andere an der Eibe, also Holz, Nadeln und auch die Samenkörner in dem Fruchtmantel, ist giftig! Du kannst also ohne Bedenken Eibenfrüchte naschen, solange du darauf achtest, die Kerne auszuspucken und nicht zu zerbeißen.

Besonderer Baum: Die Eibe nimmt eine Sonderstellung unter den Bäumen ein. Obwohl sie Nadeln trägt, bildet sie rote Früchte aus. Damit gehört sie weder zu den Nadel- noch zu den Laubbäumen. Sie steht dazwischen. (Foto: Alexa auf Pixabay)
Fast unsterblich
Landet ein Eibensamen auf dem Boden, keimt er frühestens nach dem ersten Winter. Aus ihm gedeiht ein sehr genügsamer Baum, der an den unwirtlichsten Orten wachsen und den widrigsten Wetterverhältnissen trotzt kann.
Die Eibe legt besonderen Wert auf ein großes, weitflächiges und stabiles Wurzelwerk und bildet ihre Krone nur halb so schnell aus wie andere Bäume. Sie wächst sehr langsam und kann mehrere Tausend Jahre alt werden. Die vermutlich älteste Eibe Europas steht in Schottland und wird auf 2.000 bis 5.000 Jahre geschätzt.

Vielseitger Wuchs: Eiben können buschig, baumig, flach oder hoch wachsen. Je nachdem, wie die Landschaft und das Wetter sie formen – oder der Mensch. Denn sie werden auch gern als Hecken und als Zierbüsche zurechtgeschnitten. (Foto: Sitomon auf Wikipedia)
Um ein so hohes Alter zu erreichen, muss sie sich von Zeit zu Zeit erneuern. Ein mächtiger Stamm ist wenig beweglich und hält Stürmen nicht gut stand. Deswegen höhlt sie ihn erst aus und senkt dann im Inneren eine Wurzel in den Boden, aus der sich ein neuer Stamm entwickelt. Die alte Stammhülle stößt sie danach einfach ab und verkleinert zusätzlich ihre Krone. Prinzipiell kann sie sich unendlich oft erneuern und somit ewig leben – wären da nicht Menschen, Stürme oder Eiszeiten.

Blättrige Rinde: Ältere Eiben bekommen eine schuppige Rinde, die von Zeit zu Zeit abblättert. Sie variiert zwischen hellbraun und rötlich. Unter ihren Schuppen finden Insekten und Kleinstlebewesen Schutz. (Foto: Marco Schmidt auf Wikipedia)
Mystischer Baum
Die Kelten und Germanen sahen in der Eibe Leben und Tod vereint. Die Kraft des Lebens sahen sie in ihrem Erneuerungsprozess, die Kraft des Todes in ihrem starken Gift. Darum verehrten sie diesen heiligen „Baum des Lebens“, dessen Zweige zu keiner wichtigen Zeremonie fehlen durften.

Eiben sind zweihäusig: Es gibt männliche und weibliche Bäume. Hier die Blüten eines männlichen Baumes im Frühling. (Foto: Andy Elter auf Pixabay)

Erinnert an einen Zapfen: Die weiblichen Blüten der Eiben öffnen sich nicht, sie fangen den Pollen über ein klebriges Tröpfen ein. Aus ihnen entwickeln sich dann im Herbst die roten Früchte. Es tragen also nur die weiblichen Bäume die Samen. (Foto: Manfred Kunz auf Wikipedia)
Übrigens: Eibenholz hat viele gute Eigenschaften: Es ist besonders hart und doch flexibel. Deshalb wurde es früher bevorzugt für den Bogenbau verwendet.
Wenn es lange im Wasser steht, wird es noch fester, anstatt zu faulen. Das machten sich die Venezianer zunutze und bauten einige ihrer Paläste auf Eibenstämmen.
Und da das Holz leicht giftig ist, tötet es Bakterien und Keime ab. Als Schneidebrettchen oder Holzbesteck ist es deshalb besonders hygienisch.

Zwei Kerne: Das innere, dunkle Holz ist besonders robust, das äußere, helle Holz besonders biegsam. Perfekt, um Bögen zu bauen, die sich auf der einen Seite stauchen, auf der anderen dehnen lassen müssen. (Foto: Roger Culos auf Wikipedia)
Häufige Fragen zur Eibe
Behält die Eibe ihre Nadeln im Winter?
Ja, die Europäische Eibe ist immergrün. Sie trägt ihre Nadeln auch im Winter.
Der einzige heimische Baum, der seine Nadeln im Winter abwirft, ist die Europäische Lärche.
Ist die Eibe giftig für Menschen?
Bis auf die roten Fruchtmäntel enthalten alle Teile des Baumes giftige Taxane. Sie sind gefährlich, wenn sie gegessen werden. Schon 50-100 Gramm Eibennadeln können für eine erwachsene Person tödlich sein.
Ist die Eibe giftig für Pferde und Kühe?
Ja, Pferde und Kühe vertragen keine Eibennadeln. Sie können ebenfalls davon sterben. Deshalb solltest du niemals Grünschnitt aus dem Garten an Weidetiere verfüttern.
Für Pferde und Kühe sind bereits 100 Gramm Eibennadeln tödlich.
Rehe dagegen knabbern gern an den jungen Trieben der Eibe. Ihnen machen die Giftstoffe nichts aus. Lass dich davon nicht täuschen.
Ist die Eibe giftig für Hunde?
Ja. Wenn dein Hund Eibennadeln gekaut hast, solltest du sofort mit ihm zum Tierarzt gehen.
Welche Vergiftungserscheinungen treten auf, wenn man Eibe gegessen hat?
Taxane wirken sich auf das Herz-Kreislauf-System aus.
Bei einer leichten Vergiftung kommt es zu Übelkeit, Erbrechen und Magenkrämpfen, manchmal auch zu Schwindel.
Bei einer schweren Vergiftung wird der Herzschlag unregelmäßig und verlangsamt sich. Außerdem gerät die Atmung aus dem Takt, man bekommt Atemnot und die Atmung setzt ab einem bestimmten Punkt ganz aus.
Durch die schlechte Versorgung mit Sauerstoff wird den Betroffenen schwindelig, sie verlieren das Bewusstsein und sterben letztlich an Herz- und Atemversagen.
Was tun bei einer Vergiftung durch Eibe?
Rufe die 112 an. Bewahre Ruhe. Hebe etwas von dem auf, was gegessen wurde.
Führe kein Erbrechen herbei, das kann die Vergiftung beschleunigen.
Wenn du hast, esse Aktivkohle.
Ist die Eibe schon bei Hautkontakt gefährlich?
Wenn du nicht gerade empfindliche Haut hast, kannst du die Eibe berühren. Achte aber darauf, dem Baum keine frischen Wunden zuzufügen, an denen Saft austritt. Der wiederum kann Hautreizungen hervorrufen.
Hast du Eibe berührt, führe deine Finger nicht zum Mund, damit eventuell daran haftende Giftstoffe nicht in deinen Körper gelangen. Pass besonders bei Kindern darauf auf.
Zum Weiterlesen:
- Hageneder/Trendelkamp: Baum-Welt. Eine Reise durch die Welt der Bäume. Saarbrücken 2012
- Hageneder, Fred: Die Eibe in neuem Licht, Saarbücken 2007
- Eibe - giftige Leckerei, Kai Sackmann YouTube
- Im Zauberwald - Die Eiben von Paterzell // Doku HD, 3sat Doku, YouTube
- Liste markanter und alter Baumexemplare, Wikipedia