
Heimische Bäume im Leipziger Auwald
Bäume am Wegesrand
Wenn du im Leipziger Auwald spazieren gehst und dir die Bäume einmal ganz genau anschaust, wirst du feststellen, dass dort ziemlich viele unterschiedliche Baumarten wachsen. Leicht zu erkennen sind der Spitzahorn (Acer platanoides) mit seinen großen, spitz zulaufenden Blättern und die hochgewachsene Hainbuche (Carpinus betulus) mit ihrer grünlich gefurchten Rinde. Am Wegesrand streckt dir auch oft die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) ihre Zweige entgegen, an deren Enden herzförmige Blätter mit weichem Flaum wachsen.



Spitzahorn, Hainbuche und Sommerlinde lieben alle eher trockene Füße. Warum wachsen sie dann in unserem Auwald?
Es war einmal ein Auwald...
Vor einigen Hundert Jahren sah der Leipziger Auwald noch ganz anders aus als heute: Vor allem Erlen- und Weidenarten siedelten hier, beide sehr schnellwüchsig, mit weichem Holz und an feuchte bis nasse Standorte angepasst. Diese "Weichholzaue" speiste sich damals aus der Weißen Elster, die in ein riesiges Binnendelta aufgefächert war. Überall mäanderten ihre Flussarme, versiegten, quollen wieder hervor und veränderten ihren Lauf – je nachdem wie viel Wasser der Fluss gerade führte. Das gesamte Gebiet des Leipziger Auwalds wurde regelmäßig überflutet.


Doch dann wuchs die Stadt. Um die Menschen vor Hochwasser zu schützen, wurden die Flüsse begradigt und eingedämmt. Dadurch blieben die Überflutungen aus und der Auwald wurde langsam immer trockener. Der Bestand an Erlen (Alnus) und Weiden (Salix) schrumpfte und neue Arten siedelten sich an, die langsamer wuchsen, härteres Holz besaßen und einen feuchten bis trockenen Boden bevorzugten. Besonders die Stieleiche (Quercus robur), die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) und die Feldulme (Ulmus minor) eroberten das ehemalige Binnendelta. Aus der Weichholzaue wurde eine "Hartholzaue".



Über die Jahre fraßen sich die begradigten Wasserläufe stetig tiefer in ihr Flussbett ein. Irgendwann lagen sie sogar tiefer als der Grundwasserspiegel und entzogen dadurch dem Auwald zusätzlich Wasser. Seit etwa 130 Jahren fühlen sich deshalb nun auch Bäume hier wohl, die trockene Füße lieben, wie unsere drei auffälligen Arten vom Anfang: Spitzahorn, Hainbuche und Sommerlinde. Aber auch Bergahorn (Acer pseudoplatanus), Rotbuche (Fagus sylvatica) und Europäische Eibe (Taxus baccata), die sich von einem intakten Auwald eigentlich fernhalten würden, sind bei uns angekommen. Das bedeutet, der Auwald ist kein Auwald mehr. Er ist ausgetrocknet. Geblieben ist ihm nur der Name.



Wer ist hier nun "heimisch"?
An ufernahen Stellen existieren zum Teil noch immer kleine Weiden- und Erlengesellschaften, die daran erinnern, wie der Auwald einmal ausgesehen hat. Und mitten im Wald findest du Eichen, Eschen und Ulmen, die sich an restfeuchten Orten noch halten. Dazwischen wachsen nun auch immer öfter Ahorn, Linde, Rotbuche und Eibe.
Doch es wurden auch fremde Arten aus ganz anderen Regionen der Welt gezielt angepflanzt, die mit dem trockenen Boden und dem sich wandelndem Klima besser zurechtkommen. Häufig findest du zum Beispiel die Roteiche aus Amerika, auch Amerikanische Spitzeiche genannt (Quercus rubra) oder die Gemeine Rosskastanie vom Balkan (Aesculus hippocastanum).
Alle Baumarten, die alten wie die neuen, fühlen sich im Auwald wohl und sind heimisch geworden. Doch der Wald in und um Leipzig befindet sich nach wie vor im Wandel. In den nächsten Jahrzehnten werden sich vermutlich einige Arten verabschieden und neuen, besser angepassten Bäumen Platz machen.


Zum Weiterlesen:
- Leipziger Auwald, Ökolöwe
- Gehölze, Leipziger Auwald
- Auwald, Leipziger Auwald
- Warum im Leipziger Auwald so viele Bäume umfallen, mdr
- Leipiger Auwald, Wikipedia
- Wenn Bäumen das Wasser bis zum Hals steht. Eine bayernweite Umfrage zur Hochwassertoleranz von Waldbäumen, LWF aktuell 66/2008
- Hochwasser: Diese Baumarten vertragen Überschwemmungen und diese nicht, gvf AGRAR
- AUENZUSTANDSBERICHT 2021. Flussauen in Deutschland, Bundesamt für Naturschutz

Überflutet: Weiden lieben Wasser und kommen gut mit Überflutungsperioden zurecht. (Foto: Erich Westendarp, pixabay)
Häufige Fragen zu Auen und Auwäldern
Was sind Auen bzw. Auwälder?
Auen sind natürliche Feuchtgebiete. In ihnen dürfen Flüsse frei mäandern und sich beständig neue Wege suchen. Sie werden auf natürliche Weise regelmäßig überflutet.
In einer Aue gibt es Bereiche mit Bäumen und ohne. Je nachdem, wie häufig und wie lange sie überflutet werden, wachsen dort verschiedene Arten. In den tiefliegenden Bereichen einer Aue wachsen keine Bäume, dafür wasserliebende Pflanzen wie Rohrkolben (Typha) und Binsen (Juncus). Je höher das Gelände ansteigt, umso mehr Bäume siedeln sich an. Allen voran Weiden und Erlen.
Was ist eine Aue? – Für Kinder erklärt
Auen entstehen an den Ufern von Flüssen. Wenn ein Fluss frei fließen kann und nicht von Mauern oder Dämmen in eine Bahn gezwängt wird, dann sucht sich das Wasser ständig einen neuen Weg. In einer Aue verlässt das Wasser regelmäßig den Flusslauf und überschwemmt angrenzende Gebiete. Dann stehen Wiesen und Wälder unter Wasser. So bleibt der Boden gesund und bietet wasserliebenden Pflanzen und Bäumen einen perfekten Platz zum Wachsen. Und wo es schön grün, feucht und kühl ist, fühlen sich natürlich auch Tiere wohl. Deshalb kommen in Auen besonders viele Tierarten auf kleinstem Raum vor.
Warum sind Auen und Auwälder so wichtig?
Auen und Auwälder sind ganz besondere Lebensräume. Da Wasser Leben in allen Formen und Farben anlockt, sind Feuchtgebiete besonders artenreich, und es kommen vor allem Arten vor, die an Wasser gebunden sind: zum Beispiel Libellen, deren Larven unter Wasser heranwachsen, oder Amphibien, also Frösche, Kröten, Molche und Unken, die ebenfalls ihre Eier direkt ins Wasser legen müssen.
Außerdem ist ein feuchter Boden sehr flexibel. Er kann bei Überflutungen Wasser ganz leich aufnehmen und lange halten. Darum sind Auenböden ein natürlicher Hochwasserschutz.
Gibt es überhaupt noch intakte Auen in Deutschland?
Leider sind intakte Auen mittlerweile sehr selten geworden. Um das Land wirtschaftlich nutzbar zu machen, wurden die Böden oft entwässert. Durch den Klimawandel ist dieses Trockenlegen nun noch problematischer geworden, da der Boden auf keinerlei Reserven zurückgreifen und bei spontanen Überflutungen das Wasser nur bedingt aufnehmen kann. Das Bundesamt für Naturschutz überwacht regelmäßig den Zustand der Auen. Laut dem Auenzustandsbericht von 2021 sind nur noch 9 Prozent aller Auen in Deutschland intakt. Darum werden seit vielen Jahren Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt.
Was ist eine Weichholzaue?
Wie der Name beschreibt, wachsen in einer Weichholzaue Bäume, die weiches Holz ausbilden. Das sind vor allem Weiden, zum Beispiel die Silberweide (Salix alba), die Bruchweide (Salix fragilis) und die Salweide (Salix caprea). Auch die Schwarzerle (Alnus glutinosa) und die Schwarzpappel (Populus nigra) kommen vor. Sie kommen mit Überflutungen zurecht, die mehr als zwei Wochen andauern.
Was ist eine Hartholzaue?
Als Hartholzaue werden Baumgesellschaften bezeichnet, die hartes Holz ausbilden, also zum Beispiel die Stieleiche (Quercus robur), die Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) und die Feldulme (Ulmus minor). Sie kommen mit mehrtägigen, maximal vierzehntägigen Überflutungen zurecht.