Was macht eigentlich die Feuerwanze übers Jahr?
Im Winterversteck gut geschützt
Im Winter, wenn es draußen recht ungemütlich ist, sitzt die Gemeine Feuerwanze (Pyrrhocoris apterus) eingekuschelt zwischen dichten Laubblättern oder in schützenden Erdspalten und wartet auf den Frühling. Sobald im März die Frühjahrssonne mit ihren Strahlen den Boden erwärmt, kommt sie wieder hervorgekrabbelt und wuselt auch gleich fröhlich umher.

Grimmige Maske: Kopfüber betrachtet und mit etwas Fantasie sieht das Muster der Feuerwanze aus wie eine Maske. Unter einer hohen, schwarzen Stirn sitzen zwei kugelrunde Augen mit kleinen Tränentropfen. Darunter prangt eine wuchtige, dreieickige Nase und auf dem Halsschild ist ein offener Mund mit gebleckten Zähnen. Das macht sie unverwechselbar! (Foto: Else Siegel auf Pixabay)
Nützlicher Speiseplan
Nach dem Erwachen füllt sie sich anständig das Bäuchlein, denn während des Winters gab es schließlich nichts zu fressen. Mit ihrem ausklappbaren Stechrüssel saugt sie an abgestorbenen Blättern, Samen und anderen Pflanzenteilen. Aber auch tote Insekten, kleinere Tiere und sogar ihre eigenen Artgenossen stehen auf ihrem Speiseplan! Auch wenn Kannibalismus nicht unbedingt zu ihren Vorzeigeeigenschaften gehört, ist die kleine Feuerwanze doch extrem nützlich: Mit ihrem Heißhunger auf alles Abgestorbene beschleunigt sie den Verrottungs- und Verwesungsprozess und sorgt somit für eine gesunde und aufgeräumte Natur.

Leckermäulchen: Feuerwanzen saugen gern an Linden, Robinien, Kastanien sowie an Malven und Eibisch. Außerdem verputzen sie mit Vorliebe Insekten- und Schneckeneier und sind deshalb im Garten gern gesehen. (Foto: beasternchen auf Pixabay)
Plaudern über Düfte
Sobald die Feuerwanze ein gutes Plätzchen zum Fressen oder auch zum entspannten Sonnenbaden gefunden hat, ruft sie ihre Mitwanzen zusammen. Dafür sondert sie mit einer Drüse am Hinterleib ein Gemeinschaftspheromon aus, also einen Duftstoff, der allen Feuerwanzen in der Umgebung mitteilt: "Hier ists schön, kommt doch mal rüber!" Und schon sitzen unzählige Feuerwanzen auf einem Haufen – gern auch über- und untereinander. Droht Gefahr verströmt sie einen anderen Duft und die Versammlung löst sich schnell wieder auf.

Gemeinsam gut geschützt: Feuerwanzen werden wegen ihrer roten Farbe kaum gefressen. Denn rot signalisiert: "Achtung, ich bin giftig!" (Obwohl sie das nicht sind.) In großer Gruppe wirken die Tierchen auf hungrige Schnäbel deshalb noch abschreckender als ohnehin schon. (Foto: Mike Ljung auf Pixabay)
Ausdauerndes Liebesspiel
Wer in so großer Anzahl beieinanderhockt, hat keine Schwierigkeiten, einen Partner zu finden. Bereits im März kümmern sich die Feuerwanzen um ihre nächste Generation: Männchen und Weibchen verbinden bei der Paarung ihre Hinterleiber miteinander und bleiben bis zu 30 Stunden in dieser Position! Dabei entstehen schon einmal Diskussionen, in welche Richtung es nun geht, denn auch während der Paarung sind die Wanzen sehr agil.

Gesellige Paarung: 12 bis 30 Stunden paaren sich Feuerwanzen und mögen es auch bei dieser Aktivität gesellig. Sie schließen sich anderen Paaren an und krabbeln gemeinsam über warme Böden oder trockene Rinden. (Foto: efteewee auf Pixabay)
Fürsorgliche Mutter
Nachdem sie sich wieder getrennt haben, scharrt das Weibchen im Boden kleine Löcher aus. Dort hinein legt es dann zwischen 40 und 80 Eier, die es in den kommenden zwei Wochen betreut. Um den Nachwuchs vor Fressfeinden zu schützen, beträufelt das Weibchen die Eier mit einem Duftstoff, die sie für fremde Nasen unauffindbar macht! Außerdem hält es die Eier feucht, um sie vor dem Austrocknen zu bewahren.

Große Familie: Das Weibchen kümmert sich allein um ihren gesamten Nachwuchs. Die Maske ist bei den Babys, den sogenannten "Nymphen", noch nicht ausgeprägt. (Foto: Sebastian Mey auf Pixabay)
Wuseliger Nachwuchs
Zwischen April und Mai schlüpfen die Nymphen. Innerhalb der nächsten drei Monate häuten sie sich fünfmal, bis sie im Hochsommer dann erwachsen sind. Im Durchschnitt leben Feuerwanzen als Imago, also erwachsenes Insekt, zwischen zwei Monaten und einem Jahr. Sehr selten können sie auch zwei Jahre alt werden.
Um sich fortzubewegen benutzten Feuerwanzen fast ausschließlich ihre Beinchen. Denn fliegen können sie mit ihren verkürzten Flügeln nicht. Nur sehr selten kommt es vor, dass ein besonders kräftiges Männchen tatsächlich funktionale Flügel entwickelt.

Unter falschem Namen bekannt: Feuerwanzen werden oft "Feuerkäfer" genannt, doch das ist irreführend. Denn zum einen zählen sie wegen ihres Saugrüssels einwandfrei zu den Wanzen, und zum anderen gibt es tatsächlich "Feuerkäfer", die kräftige Mundwerkzeuge haben und daher waschechte Käfer sind. (Foto: Vycro567 auf Wikipedia)
Übrigens: Der Gemeinen Feuerwanze und dem Zoologen Hermann Henking verdanken wir, dass wir heute das X-Chromoson kennen! Bis Ende des 19. Jahrhunderts ging die Wissenschaft davon aus, dass sich das Geschlecht durch äußere Umweltfaktoren herausbildet. 1891 entdeckte Henking unter dem Mikroskop, dass die eine Hälfte der Wanzenspermien eine merkwürdige, x-förmige Struktur aufwies, die andere Hälfte aber nicht. Da er nicht wusste, was er entdeckt hatte, nannte er diese Struktur zu Beginn den "X-Faktor". Er experimentiere weiter und erkannte, dass bei der Verschmelzung einer Eizelle mit einem X-Faktor-Spermium ein weibliches Tier entstand, bei der Verschmelzung ohne X-Faktor am Spermium ein männliches. Damit war er der erste, der nachweisen konnte, dass sich das Geschlecht aufgrund der Gene und nicht etwa durch Temperatur oder ähnliches entwickelte!

Nicht nur für die Wissenschaft nützlich: Wer Feuerwanzen im Garten hat, kann sich freuen. Denn sie lassen nicht nur Pflanzenreste schneller verrotten, sondern halten mit ihren Duftdrüsen auch Mücken und Fliegen fern. Für uns sind ihre Gerüche aber nicht wahrnehmbar. (Foto: Annette Meyer auf Pixabay)
Zum Weiterlesen:
- Bellmann, Heiko: Welches Insekt ist das? Stuttgart 2014
- 10 unglaubliche Fakten über Feuerwanzen. Warum sie vor Mücken schützen und den Garten sauber halten, NABU Deutschland
- Die faszinierende Welt der Feuerwanze. Vielseitig, überraschend und vor allem nicht schädlich, NABU Deutschland
- Feuerwanzen und ihre Doppelgänger. Die vielfältige Welt der rot-schwarzen Wanzen, NABU Deutschland
- Gemeine Feuerwanze, Wikipedia
- Die Feuerwanzen und das X-Chromosom, KalyxHistory
- X-Chromosom, Wikipedia