Ab Anfang Mai hören wir wieder das typische Kreischen der Mauersegler (Apus apus) in unseren Hinterhöfen. Besonders während der Abendstunden fliegen die schnittigen Segler gemeinsam ihre Runden und beeindrucken mit ihren gewagten Manövern.
Eine lange Reise liegt hinter ihnen: Vor etwa drei Monaten sind sie in Südafrika losgeflogen und haben die Sahara, das Mittelmeer und die Alpen überquert, ohne ein einziges Mal zu landen! Nun ziehen sie in Europa ihre Jungen auf.

Langstreckenzieher: Mauersegler legen zwischen Afrika und Europa ca. 10.000 Kilometer zurück. Sie fliegen entweder westlich über die Sahara und dann an der Mittelmeerseite Spaniens entlang, oder östlich der Sahara, über das Mittelmeer und Griechenland hinweg. Pro Jahr fliegen sie insgesamt bis zu 190.000 km, davon sind sie jeweils 3 Monate auf Reisen, 3 Monate in Afrika und 3 Monate in Europa unterwegs. (Foto: Marton Berntsen, Wikipedia)
Mauerseglereltern sind sich ein Leben lang treu, allerdings verbringen nur die Sommer miteinander. Da jeder Mauersegler allein reist, trifft sich das Paar erst an seinem angestammten Nistplatz wieder. Gemeinsam sammelt es dann Gräser, Halme, Blätter, Knospenschuppen und Haare, aber auch Textil- und Papierfasern, um das alte Nest in einem schmalen Spalt, meist unter einer Dachrinne, auszubessern. Damit alles gut hält, wird es mit Speichel verklebt. Das Weibchen legt zwei bis drei Eier.

Kulturfolger: Ursprünglich nisten Mauersegler in Felsspalten und Baumhöhlen, wie sie es auch heute noch zum Beispiel im Elbsandsteingebirge tun. Doch sie haben sich perfekt an das Leben mit Menschen angepasst und ziehen in Spalten und Hohlräume von Gebäuden ein. Auch Nisthilfen nehmen sie an. (Foto: Gzen92, Wikipedia)
In den folgenden Wochen bestimmt nun das Wetter, wie schnell und gut sich ihr Nachwuchs entwickelt. Ist es trocken und warm, geht alles sehr flott. Ist es nass und kalt, verzögert sich die Entwicklung.
Im Durchschnitt brütet das Paar vierzehn Tage lang, wobei sich Männchen und Weibchen zu gleichen Teilen abwechseln. Sobald die Jungen geschlüpft sind, fliegen die Eltern aus, um Futter herbeizuschaffen. Sie jagen Insekten und Spinnen, am liebsten über Gewässern. Dabei sammeln sie ihre Beute in einem Kehlsack.

Nur eine Jahresbrut: Da Mauersegler sehr alt werden können, legen sie nur wenige Eier. Geht ein Gelege verloren, brüten sie ein zweites Mal. Selbst wenn auch das nicht klappt, schmälert das nicht den Bestand, da Mauersegler genügend Lebensjahre haben, um den Verlust wieder auszugleichen. (Foto: Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden, Wikipedia)
Zieht eine Schlechtwetterfront auf, flieht das Pärchen. Bis zu 1.000 Kilometer fliegen sie, um die Wetterzone zu umkreisen. Oder sie entscheiden sich, den kürzesten Weg hindurch zu nehmen, um auf der anderen Seite wieder jagen zu können. Die Jungen bleiben derweil allein im Nest zurück und verfallen in eine Hungerstarre. Dabei reduziert sich ihre Atmung auf ein Minimum und ihre Körpertemperatur sinkt von 39 Grad bis fast auf Umgebungstemperatur. Zuerst zehren sie von ihren Fettreserven, dann wird die Muskelmasse abgebaut und schließlich die Leber. Bis zu zwei Wochen können die Kleinen so überleben, sofern es nicht kälter wird als 20 Grad. Sobald die Eltern zurückkehren, päppeln sie ihren Nachwuchs wieder hoch.

Geduldige Jungen: Selbst ohne Schlechtwetter fliegen die Eltern manchmal zwei bis drei Tage aus, um nahrhaftes Futter für ihre Jungen zu finden. Trotzdem haben die Kleinen die meiste Zeit Übergewicht. Erst kurz vor dem Ausfliegen verweigern sie Futter, um auf ca. 40 Gramm Körpergewicht zu kommen – das optimale Mauersegler-Gewicht. (Foto: Anaxibia, Wikipedia)
Mitte Juli, nach etwa 40 Tagen im Nest sind die Jungen flügge und verlassen ihre Familie. Sie sind sofort selbstständig und fliegen ganz allein nach Afrika, ohne dass ihnen ein Altvogel den Weg zeigen muss. Geschlechtsreif werden sie frühestens nach zwei Jahren. Bis dahin bleiben sie entweder in Afrika oder reisen zwischendurch nach Europa zurück, um schon einmal gute Nistplätze auszukundschaften. Im Schnitt erreichen sie ein stolzes Alter von 10 Jahren, maximal können sie um die 20 Jahre alt werden. Zum Vergleich: Die Nachtigall, ebenfalls eine Langstreckenzieherin, lebt drei bis fünf, maximal acht Jahre.

Opportunisten: Anders als in Europa steuern Mauersegler in Afrika kein festes Gebiet an. Sie fliegen in Regionen südlich der Sahara und folgen den Tiefdruckgebieten, da es dort die meiste Nahrung für sie gibt.
Zu ihren natürlichen Feinden zählen Baumfalken, Wanderfalken und Habichte. Da Mauersegler aber sehr geschickte Flieger sind, entwischen sie den Raubvögeln meist. Viel problematischer ist für sie der Schwund ihrer Nistplätze. Werden Gebäude renoviert oder neu gebaut, verlieren sie oft ihre angestammten Plätze oder finden keine geeigneten Hohlräume mehr.

Ausgemessen: Ausgewachsene Mauersegler wiegen ca. 40 Gramm. Sie erreichen eine Körpergröße von 17 Zentimetern und eine Flügelspannweite von bis zu 41 Zentimetern. Obwohl der Schnabel winzig ist, können sie ihn überraschend weit aufreißen, genau wie der Ziegenmelker. (Foto: Gzen92, Wikipedia)
Übrigens: Mauersegler verbringen fast ihr ganzes Leben in der Luft. Nur zur Brutzeit landen sie. Ansonsten fressen sie im Flug, paaren sich im Flug – und schlafen im Flug. Wie das genau funktioniert, ist bisher noch nicht endgültig erforscht. Bekannt ist jedoch, dass sie nachts in große Höhen bis 3.600 Meter aufsteigen und sich dann auf den Luftschichten nach unten gleiten lassen. Es wird vermutet, dass sie dabei abwechselnd die linke und rechte Gehirnhälfte abschalten, um sich zu erholen. Die wache Hälfte steuert weiterhin den Flug und schlägt Alarm, sobald sie zu tief sinken oder eine Kollision bevorsteht. Dann steigen sie wieder auf. Manchmal werden sie von zu starken Winden auch abgetrieben und müssen am nächsten Morgen zu ihrem Ausgangspunkt zurückfliegen. Aber für Flugspezialisten wie den Mauersegler ist das kein Problem!

Hoppla: Dieser junge Mauersegler, zu erkennen an der sehr hellen Stirn, musste offensichtlich eine Notlandung einlegen oder ist aus dem Nest gefallen. (Foto: naturalist19358, Wikipedia)
Zum Weiterforschen:
- Mauersegler. Apus apus, NABU Deutschland
- Die Mauersegler kommen zurück. Jetzt ist noch Gelegenheit, Nisthilfen anbringen, NABU Deutschland
- Bauanleitung Mauersegler-Nistkasten. Infos und Tipps zur Ansiedlung der schnittigen Flieger, NABU Deutschland
- Zwölf Fakten zum Mauersegler: Der Vogel, der in der Luft schläft, BR24
- Mauersegler. Apus apus, Vogelwarte.ch
- Mauersegler. Apus apus, Avi-fauna.info
- Zugvogelkarte, Madiba.de
- Wanderungen, Deutsche Gesellschaft für Mauersegler e. V.
- Hauptzugrouten europäischer Vögel, Wildvogelhilfe.org
- Der Mauersegler (Apus apus) - Steckbrief mit Gesang. Vogelarten kennen lernen mit den Experten!, YouTube, LBV Bayern
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